Nordrhein-Westfalen - Polizeipräsidium Duisburg - Polizeiinspektion West - D -
Todesursache
Krebserkrankung
Todestag
25. März 2007
Alter
31 Jahre
Dienstjahre
unbekannt
Waffe
--
Kondolenzbuch
Zusätzliche Bilder
Dokumente
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Duisburg, im April 2007
Lieber Lukas,
ich habe Deine Oma Waltraud gebeten, Dir diesen Brief zu geben, wenn sie meint, dass Du alt genug bist, ihn zu verstehen. Dieser Brief ist ein Versuch, Dir Deine Mutter aus unserer Sicht Gestalt werden zu lassen. Aus der Sicht der Menschen, mit denen sie lange zusammen gearbeitet hat, denen sie oft eine Freundin, immer ein zuverlässiger Partner, aber vor allem immer eine strahlende Quelle guter Laune war.
Und es ist ein Versuch, uns von Deiner Mutter zu verabschieden, die wir nie vergessen werden.
Wenn Du Dir unter dem Berufsbild eines Polizisten nicht viel vorstellen kannst, dann lass mich ein wenig ausholen, damit Du verstehen kannst, warum Deine Mutter ein sehr wertvoller Mensch war.
Als Polizist gerätst Du sehr oft in Situationen, in denen Du Dich auf Deinen Streifenpartner blind verlassen können musst. Es fängt bei kleinen Sachen an, wo man sich nur durch einen Blickkontakt zu verstehen gibt, wer bei einer Verkehrsunfallaufnahme welche Aufgaben übernimmt. Wenn man zu einem Einsatz gerufen wird, wo noch Straftäter anwesend sein können, wird dieses Verständnis untereinander sehr wichtig, weil man in Situationen kommen kann, wo einem diese Leute mit einer Waffe gegenüber stehen.
Stell Dir eine Situation vor, in der Du zu zweit in eine Kneipe gehen musst, in der sich 20 Leute prügeln. All das sind Situationen, bei denen man sich nicht nur darauf verlassen können muss, dass der Streifenpartner neben einem steht, man muss sich auch darauf verlassen können, dass der Partner sich notfalls vor einen stellt, wenn man bedroht, angegriffen oder beschossen wird.
Wenn ich Dir jetzt sage, dass Deine Mutter nicht nur in allen Punkten dieser Idealvorstellung entsprochen hat, sondern in den meisten Fällen die erste war, die aus dem Auto gesprungen ist und sich in marodierende Horden betrunkener Schläger geworfen hat, dann ist das keine Übertreibung, sondern lediglich eine Feststellung. Eine Feststellung, die ihr zwar ein wenig Röte ins Gesicht getrieben hätte, bei den Kollegen, die mit ihr unterwegs waren aber ein uneingeschränkt zustimmendes Nicken hervorruft.
Stell Dir eine Löwin vor, die sich auf alles wirft, was ihrer Familie auch nur ansatzweise Schaden zufügen könnte, um diese mit allen verfügbaren Mitteln zu schützen. Eine Löwin, die aber ebenso sanft und verständnisvoll reagiert, wenn die Menschen, die sie mag, mit Problemen zu ihr kamen. Eine Löwin, die mit ihrem Lachen selbst dann noch gute Laune verbreitete, wenn sie völlig verschlafen mit einer „Löwenmähne“ zum Dienst erschien. Eine Löwin, die sich nie beschwert hat, wenn besondere Situationen erforderten, dass sie kurzfristig zum Dienst kommen musste, obwohl sie frei hatte.
Eine Löwin, die ihre Krankheit vor vielen Menschen, die sie mochte verheimlicht hat, um eben diese Menschen nicht zu belasten.
Sie war sicherlich kein Übermensch. Auch sie hat ihre schlechten Tage gehabt, an denen man ihr besser aus dem Weg ging. Auch sie hat Momente gehabt, in denen sie sich an jemanden anlehnen musste, um ihre positive Lebenseinstellung zurück zu gewinnen. Und wenn man gerade derjenige war, an den sie sich anlehnte, war man zunächst überrascht, dass auch eine Löwin manchmal Halt sucht. Es zeigte uns aber, dass sie uns vertraute. In Situationen vertraute, die man nicht gern öffentlich zur Schau stellt. All dies ergänzte eigentlich nur das Bild eines Menschen, den man gern um sich hatte.
Wenn Du Oma und Opa fragst, werden sie Dir sicherlich noch viele andere Seiten Deiner Mutter erzählen können und erzählt haben, die wir als Kollegen und teilweise als Freunde nie gesehen haben. Ich bin mir aber sicher, dass sie Dir unser Bild von Deiner Mutter nicht nur bestätigen, sondern im positiven ergänzen werden.
Wenn wir uns auf der Wache begegneten, habe ich oft scherzhaft zu Deiner Mutter gesagt: „Na Traumfrau, wie isset?“ Sie lächelte dann und titulierte mich freundschaftlich mit „Blödmann“
Meine letzten Worte an Deine Mutter nachdem ich von ihrer Krankheit erfuhr, war eine Bitte an Deine Oma, „Die Traumfrau von mir zu drücken“ ….
…eine Woche später ist sie gestorben.
Während ich all das hier zu Papier bringe, habe ich einen ziemlichen Kloß im Hals, weil sie mir nicht nur als Kollegin, sondern vor allem als Mensch fehlt! Und wenn ich mich auf der Wache in ruhigen Minuten mit den Kollegen unterhalten, sehe ich, dass es allen anderen auch so geht.
Lieber Lukas, wir wünschen Dir alles Gute!
Im Namen der Dienstgruppe –B- Polizeiwache Rheinhausen