Wir trauern um

Polizeiobermeisterin
Natascha Matuszewski

Nordrhein-Westfalen - Polizeipräsidium Duisburg - Polizeiinspektion West - D -

 
 
Todesursache Krebserkrankung
Todestag 25.März.2007
Alter 31 Jahre
Dienstjahre unbekannt
Waffe --

Duisburg, im April 2007

Lieber Lukas,

ich habe Deine Oma Waltraud gebeten, Dir diesen Brief zu geben, wenn sie meint, dass Du alt genug bist,
ihn zu verstehen.
Dieser Brief ist ein Versuch, Dir Deine Mutter aus unserer Sicht Gestalt werden zu lassen. Aus der
Sicht der Menschen, mit denen sie lange zusammen gearbeitet hat, denen sie oft eine Freundin, immer
ein zuverlässiger Partner, aber vor allem immer eine strahlende Quelle guter Laune war.

Und es ist ein Versuch, uns von Deiner Mutter zu verabschieden, die wir nie vergessen werden.

Wenn Du Dir unter dem Berufsbild eines Polizisten nicht viel vorstellen kannst, dann lass mich ein
wenig ausholen, damit Du verstehen kannst, warum Deine Mutter ein sehr wertvoller Mensch war.

Als Polizist gerätst Du sehr oft in Situationen, in denen Du Dich auf Deinen Streifenpartner blind
verlassen können musst. Es fängt bei kleinen Sachen an, wo man sich nur durch einen Blickkontakt zu
verstehen gibt, wer bei einer Verkehrsunfallaufnahme welche Aufgaben übernimmt. Wenn man zu einem
Einsatz gerufen wird, wo noch Straftäter anwesend sein können, wird dieses Verständnis untereinander
sehr wichtig, weil man in Situationen kommen kann, wo einem diese Leute mit einer Waffe gegenüber
stehen.

Stell Dir eine Situation vor, in der Du zu zweit in eine Kneipe gehen musst, in der sich 20 Leute
prügeln. All das sind Situationen, bei denen man sich nicht nur darauf verlassen können muss, dass
der Streifenpartner neben einem steht, man muss sich auch darauf verlassen können, dass der Partner
sich notfalls vor einen stellt, wenn man bedroht, angegriffen oder beschossen wird.

Wenn ich Dir jetzt sage, dass Deine Mutter nicht nur in allen Punkten dieser Idealvorstellung
entsprochen hat, sondern in den meisten Fällen die erste war, die aus dem Auto gesprungen ist
und sich in marodierende Horden betrunkener Schläger geworfen hat, dann ist das keine Übertreibung,
sondern lediglich eine Feststellung. Eine Feststellung, die ihr zwar ein wenig Röte ins Gesicht
getrieben hätte, bei den Kollegen, die mit ihr unterwegs waren aber ein uneingeschränkt zustimmendes
Nicken hervorruft.

Stell Dir eine Löwin vor, die sich auf alles wirft, was ihrer Familie auch nur ansatzweise Schaden
zufügen könnte, um diese mit allen verfügbaren Mitteln zu schützen. Eine Löwin, die aber ebenso sanft
und verständnisvoll reagiert, wenn die Menschen, die sie mag, mit Problemen zu ihr kamen. Eine Löwin,
die mit ihrem Lachen selbst dann noch gute Laune verbreitete, wenn sie völlig verschlafen mit einer
„Löwenmähne“ zum Dienst erschien. Eine Löwin, die sich nie beschwert hat, wenn besondere Situationen
erforderten, dass sie kurzfristig zum Dienst kommen musste, obwohl sie frei hatte.

Eine Löwin, die ihre Krankheit vor vielen Menschen, die sie mochte verheimlicht hat, um eben diese
Menschen nicht zu belasten.

Sie war sicherlich kein Übermensch. Auch sie hat ihre schlechten Tage gehabt, an denen man ihr besser
aus dem Weg ging. Auch sie hat Momente gehabt, in denen sie sich an jemanden anlehnen musste, um ihre
positive Lebenseinstellung zurück zu gewinnen. Und wenn man gerade derjenige war, an den sie sich
anlehnte, war man zunächst überrascht, dass auch eine Löwin manchmal Halt sucht. Es zeigte uns aber,
dass sie uns vertraute. In Situationen vertraute, die man nicht gern öffentlich zur Schau stellt. All
dies ergänzte eigentlich nur das Bild eines Menschen, den man gern um sich hatte.

Wenn Du Oma und Opa fragst, werden sie Dir sicherlich noch viele andere Seiten Deiner Mutter erzählen
können und erzählt haben, die wir als Kollegen und teilweise als Freunde nie gesehen haben. Ich bin mir
aber sicher, dass sie Dir unser Bild von Deiner Mutter nicht nur bestätigen, sondern im positiven
ergänzen werden.

Wenn wir uns auf der Wache begegneten, habe ich oft scherzhaft zu Deiner Mutter gesagt: „Na Traumfrau,
wie isset?“ Sie lächelte dann und titulierte mich freundschaftlich mit „Blödmann“

Meine letzten Worte an Deine Mutter nachdem ich von ihrer Krankheit erfuhr, war eine Bitte an Deine Oma,
„Die Traumfrau von mir zu drücken“ ….

…eine Woche später ist sie gestorben.

Während ich all das hier zu Papier bringe, habe ich einen ziemlichen Kloß im Hals, weil sie mir nicht nur
als Kollegin, sondern vor allem als Mensch fehlt! Und wenn ich mich auf der Wache in ruhigen Minuten mit
den Kollegen unterhalten, sehe ich, dass es allen anderen auch so geht.


Lieber Lukas, wir wünschen Dir alles Gute!

Im Namen der Dienstgruppe –B-
Polizeiwache Rheinhausen

Frank Holl
Dienstgruppenleiter


Quellen:
Holl, PHK; Dienstgruppenleiter


©- odmp.info -Officer Down Memorial Page CE Central Europe 2012